Zwischen Nebel, Mythen und alten Mauern – Liguriens Geschichten über Hexen und das Unheimliche

 

Zwischen Nebel, Mythen und alten Mauern – Liguriens Geschichten über Hexen und das Unheimliche

Liguriens Dörfer wirken manchmal, als hätten sie etwas vergessen. Oder besser gesagt: etwas behalten, das der Rest der Welt längst verdrängt hat. Alte Bräuche, seltsame Legenden, Gerüchte von Dingen, die man nicht sieht – aber irgendwie spürt. Besonders in einem Ort: Triora, hoch oben in den ligurischen Alpen, nahe der französischen Grenze.

Triora – das „Dorf der Hexen“

Der Name fällt fast automatisch, wenn es um Hexengeschichten in Italien geht. Triora war im 16. Jahrhundert Schauplatz eines der berüchtigtsten Hexenprozesse des Landes.
Zwischen 1587 und 1589 wurden hier Dutzende Frauen angeklagt, sich mit dem Teufel eingelassen zu haben. Angeblich hatten sie mit ihren Zaubern Missernten verursacht, das Vieh krank gemacht, Kinder verhext. Klassische Vorwürfe, wie man sie aus anderen europäischen Hexenprozessen kennt – nur dass sie hier, mitten in Ligurien, auf den rauen Hängen über dem Argentina-Tal stattfanden.

Heute erinnern noch Ruinen, ein kleines Hexenmuseum („Museo Etnografico e della Stregoneria“) und Gassen, die bei Nebel tatsächlich etwas Gespenstisches haben, an diese Zeit. Die Häuser aus dunklem Stein, verwinkelte Treppen, plätschernde Brunnen – es ist leicht, sich hier vorzustellen, wie das Leben damals war. Hart, abgeschieden, abergläubisch.

Und ja, ein bisschen gruselig.

Übernatürliches? Oder einfach nur Geschichten, die bleiben?

In Ligurien wimmelt es von solchen Erzählungen. Alte Leute sprechen von „streghe“ (Hexen), „fate“ (Feen) oder „spiriti“ (Geister), die an bestimmten Orten ihr Unwesen treiben sollen.
In manchen Tälern wird noch heute davon gemunkelt, dass man nachts besser keine Wäsche draußen lässt – weil sich sonst eine „Hexe“ darin verfangen könnte. Klingt absurd, klar. Aber wenn man mal in einer dunklen, stillen ligurischen Bergnacht steht, versteht man, wie solche Geschichten entstehen konnten.

Ein anderes Beispiel: In den Hügeln um Bussana Vecchia, einem verlassenen Künstlerdorf nahe Sanremo, erzählen Einheimische von „seltsamen Geräuschen“ in den Ruinen. Bussana wurde 1887 nach einem Erdbeben aufgegeben. Manche schwören, dass dort noch Stimmen der alten Bewohner zu hören seien. Wahrscheinlich nur Wind. Oder?

Alte Ängste, neue Faszination

Was heute Besucher anzieht – das Mystische, das Rätselhafte – war damals purer Schrecken. Die Menschen suchten Erklärungen für Katastrophen, Krankheiten, Hunger. Und fanden sie in der Vorstellung, dass „jemand schuld sein muss“.
Triora wurde so zu einem Symbol für kollektive Angst. Ein Ort, an dem Aberglaube, Macht und Misstrauen aufeinandertrafen.

Und trotzdem hat das Dorf etwas fast Versöhnliches bewahrt: Es erinnert, ohne zu beschönigen.
Jeden Sommer findet dort das „Festa delle Streghe“ statt – ein Volksfest mit Gauklern, Marktständen, Tarotlesern. Zwischen Esoterik, Theater und Geschichte. Ein bisschen Kitsch, ein bisschen ernst.

Ich war einmal dort, an einem Spätnachmittag im September. Nebel zog auf, Glocken läuteten irgendwo unten im Tal. Ein paar Jugendliche saßen auf der Mauer und tranken Bier, während ein alter Mann einem Kind erklärte, „wie die Hexen einst getanzt haben“. Ich weiß noch, dass mir das gleichzeitig absurd und wunderschön vorkam.

Persönlicher Gedanke

Man kann Triora als Touristenattraktion sehen, klar. Oder als Mahnmal. Aber vielleicht ist es auch ein Spiegel: für das, was Menschen mit Angst machen.
Ich fand es seltsam beruhigend, dass die Bewohner diese Geschichten nicht loswerden wollen. Sie gehören dazu.
Wie Schatten, die man kennt – und mit denen man leben gelernt hat.


FAQ – Fragen rund um Triora und Liguriens „Hexenorte“

Was bedeutet „Triora“ eigentlich?
Der Name kommt wahrscheinlich vom lateinischen Tria Ora – „Drei Münder“ –, ein Hinweis auf drei Flüsse, die hier zusammenfließen.

Gibt es noch Überbleibsel der Hexenprozesse?
Ja. Im Museum von Triora sind Dokumente, Alltagsgegenstände und Nachbildungen der Folterinstrumente ausgestellt. Die alten Gefängnisräume kann man teilweise besichtigen.

Wann finden in Triora Veranstaltungen rund ums Thema statt?
Hauptsächlich im Sommer, besonders im August, wenn das „Festa delle Streghe“ gefeiert wird. Außerdem gibt es im Herbst oft kleinere kulturelle Events, Lesungen und Führungen bei Nacht.

Kann man in Triora übernachten?
Ja, einige kleine Pensionen und B&Bs bieten Zimmer in historischen Gebäuden an. Wer es atmosphärisch mag, wird dort glücklich – es knarrt, es zieht, aber es ist echt.

Ist das Dorf touristisch überlaufen?
Nur an Wochenenden im Sommer. Unter der Woche oder im Winter ist es fast leer. Dann bekommt man ein Gefühl dafür, wie abgelegen es hier wirklich ist.

Gibt es ähnliche Orte in Ligurien?
Einige! Bussana Vecchia (Geisterdorf und Künstlerort), Apricale mit seinen dunklen Gassen, oder Castelvecchio di Rocca Barbena – alle haben ihre eigenen Mythen.


Meta-Beschreibung:
Triora, das „Dorf der Hexen“ in Ligurien, erzählt Geschichten von Angst, Aberglaube und Faszination. Ein Blick auf Mythen, Geschichte und das, was davon geblieben ist – sachlich, echt, mit persönlichem Ton.

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Triora, Ligurien, Hexen, Italien, Geschichte, Mythen, Aberglaube, Reisen, Kultur, Geister, Dorfleben, Hexenprozesse, Sehenswürdigkeiten, Reisetipps Ligurien

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